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App bei Krankheit

FH Dortmund: Lernende App soll Ärzte und Patienten unterstützen.

(Bild: pexels | Anna Shvets).

© pexels | Anna Shvets

Dortmund. Eine Volkskrankheit, an der immer mehr Menschen in Deutschland leiden und die doch wenigen Menschen ein Begriff ist: COPD, die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung. Patienten, die mit dieser Krankheit leben, müssen üblicherweise künstlich beatmet werden. Damit das Beatmungsgerät in Zukunft zu Hause eingestellt werden kann und Patienten geschont werden, möchte das Team um Professorin Britta Böckmann und Doktorand Nicolai Spicher das Wissen von Ärzten und Patienten in Algorithmen übersetzen.

Alltag der Patient*innen

Die meisten Menschen in Deutschland wachen morgens auf und stellen mit ihrer ersten Handbewegung den Wecker aus, vielleicht drücken sie den „Snooze“-Button, um noch einige Minuten weiter zu dösen. Bei Menschen mit der Lungenkrankheit COPD sieht dies allerdings anders aus. Der Morgen startet meist mit dem Griff zur Atemmaske. Der Alltag von COPD-Patienten ist gekennzeichnet von Einschränkungen und damit verbundener Angst. Diese Einschränkungen sollen mit Hilfe der Forschenden der Fachhochschule Dortmund in dem Projekt DIGIVENT, gefördert durch das Bundesminis-terium für Bildung und Forschung (BMBF), nach Möglichkeit gemindert werden.

Entscheidungsalgorithmus

Mit „DIGIVENT – Digitales Therapieunterstützungssystem in der außerklinischen Beatmung bei COPD-Patienten“ wollen Professorin Böckmann und Doktorand Spicher gemeinsam mit Philips und dem Universitätsklinikum Aachen zum einen das Wissen der Ärzte in einen Entscheidungsalgorithmus übersetzen – dies ist nötig, damit das anvisierte Therapieunterstützungssystem ärztliches Handeln unterstützen oder selbst übernehmen kann – und zum anderen eine App entwickeln, die das Wissen und die Wünsche der Patienten miteinbezieht.

Selbstlernende Systeme

Daher werden auch Selbsthilfegruppen befragt, um die Bedürfnisse der Betroffenen zu berücksichtigen und mit ihnen zusammen in einen partizipativen Designprozess zu treten. Im Grunde genommen geht es darum, die Entscheidungskriterien, nach denen Ärzte Beatmungsgeräte für ihre Patienten einstellen, in einen Algorithmus zu übertragen, der im besten Fall in mehrfacher Hinsicht den Patienten, aber auch die Krankenkassen entlastet. Der Patient kann so zu Hause bleiben und braucht für eine Neueinstellung oder Überprüfung keinen teuren und anstrengenden Klinikaufenthalt mehr. Der auf evidenzbasierten Leitlinien und standard operating procedures basierende Algorithmus, entwickelt von Britta Böckmann und Nicolai Spicher, kann das im besten Fall ersetzen. Denn er dient als Entscheidungsgrundlage für die Pflegekraft beim Patienten zu Hause, die nun das Beatmungsgerät einstellen kann.

Versorgung sichern – Schaden mindern

Dass etwas im Bereich von COPD-Erkrankungen getan werden muss, ist keine Neuigkeit. Schätzungen zufolge wird COPD bis zum Jahr 2030 die dritthäufigste Todesursache sein. Schon jetzt leiden über 250 Millionen Menschen weltweit an der nicht reversiblen Verengung der Atemwege. In Europa entstehen durch die Behandlung und durch Produktivitätsausfälle Kosten in Höhe von über 48 Milliarden Euro jährlich.

Behandlung der Zukunft

Die Beatmung zu Hause, also gerade die nicht invasive Beatmung (NIV), ist für viele COPD-Patienten eine wichtige, wenn nicht die wichtigste Behandlungsoption. Sie kann die Lebensqualität und das Langzeitüberleben verbessern. Das Team der Forschenden stellt sich dabei auch die Frage, wie Behandlungen in Zukunft aussehen können, wenn es für mehr Patienten weniger Ärzte geben könnte oder der Weg ins nächste Krankenhaus einfach zu strapaziös ist.Eine App als TherapieunterstützungLebensqualität hat auch immer etwas mit Selbstbestimmung und Eigenverantwortung zu tun. Professorin Böckmann weiß aus Erfahrung, dass das auch mit einer App verbessert werden kann. Die zweite primäre Aufgabe des Forschungsteams besteht daher in der Entwicklung einer App.

Weitere Projekte

In einem anderen Projekt von Böckmann zum Thema Narkolepsie konnte eine App als Unterstützung des Selbstmanagements entwickelt werden, auf die das Team nun zurückgreifen kann. „Wir fangen nicht auf der grünen Wiese an, sondern nutzen Teile des vorher entwickelten Systems“, beschreibt Böckmann den Prozess. Auch der Medikationsplan wird in die neue App integriert, damit der Patient automatisch an Medikamente erinnert werden kann. Aber auch neue Erkenntnisse sollen in die App einfließen. So ist mittlerweile bekannt, dass Feinstaub für COPD-Patienten gefährlich werden könnte. Mit Hilfe der App sollen die Patienten in Zukunft vor erhöhter Feinstaubbelastung gewarnt werden.

Zusammenarbeit

Neben Erinnerungs- und Warnfunktionen die die App haben soll, ist sie auch als erste Informationsquelle für Patienten gedacht. „Durch die App könnten neueste Studien oder Informationen von Selbsthilfegruppen zur Verfügung gestellt werden“, erklärt Böckmann. Ganz im Sinne von mehr Patientenautonomie und einem eher partizipativen Charakter des Patienten mit seiner Krankheit. „Die klinischen Algorithmen haben bisher nur ärztliches Wissen als Grundlage, aber auch das Wissen des Patienten soll von der App berücksichtigt werden“, blickt Nicolai Spicher in die Zukunft. So könnten täglich erfasste Daten durch den Patienten selbst wertvolle Informationen zur Unterstützung der Therapie liefern und bei der Früherkennung der Krankheitsverschlimmerung helfen

Originalmeldung:
Link (PDF)

Ansprechpartnerin:
FH Dortmund
Pressesprecherin
Heike Mertins
+49 (0)231 9112 9127
heike.mertins@fh-dortmund.de

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2021-06-11T13:35:34+02:0016.03.2021|Kategorien: Gesundheit & Pflege|Tags: |

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