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Inklusives Wohnen

“Wahlmöglichkeiten sichern!”: Abschlusstagung.

(Bild: pixabay).

© pixabay

Bochum, 17. Februar 2020. „Wahlmöglichkeiten sichern! – Wohnwünsche von Menschen mit komplexer Behinderung und pflegerischem Unterstützungsbedarf“: Mit großer positiver Resonanz fand jetzt die Abschlusstagung des Projekts in der „Neuen Schmiede“ in Bielefeld-Bethel statt.

„Wahlmöglichkeiten sichern!“ ist ein dreijähriges, partizipativ angelegtes Entwicklungs- und Forschungsprojekt, das Ende Dezember 2019 endete und darauf zielte, Methoden zur Ermittlung der Wohnwünsche von Menschen mit Komplexer Behinderung (weiter) zu entwickeln sowie deren Umsetzung zu ermöglichen und zu evaluieren. Das Projekt wurde von der Stiftung Wohlfahrtspflege gefördert und von der Stiftung Bethel.regional gemeinsam mit der EvH RWL durchgeführt.

Die Idee

Hintergrund des Projekts ist, dass viele Menschen mit Komplexer Behinderung, die auf eine umfassende Unterstützung und Pflege angewiesen sind, langjährig in stationären Wohnformen leben, ohne dass klar ist, ob dies ihrem Wunsch entspricht. Oft handelt es sich um Personen, die sich nicht einfach über Sprache äußern können. Dadurch tritt Wohnen in seiner Bedeutung in den Hintergrund und wird – so hat das Projekt gezeigt – von Mitarbeitenden und Angehörigen vielfach vor allem als „Unterstützungssicherheit“ gedacht.

In der inklusiv ausgerichteten Abschlussveranstaltung konnten sich Projektbeteiligte, Angehörige, Mitarbeitende, Leitungen, Vertreter_innen des Landschaftsverbands LWL, der Wissenschaft, der Praxis und der Stiftung Wohlfahrtspflege über die Ergebnisse informieren. Dr. Friederike Koch (Projektleitung von Bethel.regional) und Prof. Dr. Karin Tiesmeyer (Projektleitung von Seiten der EvH) stellten den Verlauf des Projektes sowie die enge Zusammenarbeit von Praxis und Wissenschaft von der Entwicklung der Projektkonzeption bis hin zu Schritten der gemeinsamen Umsetzung vor.
Mit einem sehr gelungenen und humorvollen szenischen Impuls, zeigte die Krefelder Selbstvertretungsgruppe „KREBSE“, die das Projektteam der EvH über die Projektlaufzeit hinweg beraten hat, ihren „Traum“ zur gelingenden Wahlfreiheit des Wohnens.

An Themen-Tischen konnten die Tagungsteilnehmer_innen im Anschluss an die Einführung aktiv Einblicke in die Projektarbeit gewinnen, indem sie Methoden wie die „Gestaltung einer Seite über mich“ oder den „Wohn-o-mat“ selbst ausprobieren oder sich z.B. über die Umsetzung und die Erkenntnisse zu „Unterstützungskreisen“ oder den Einsatz der „Unterstützten Kommunikation“ informierten.Hierbei erläuterten Detlef Thiel-Rohwetter, Christiane Wilking und Daniel Czimbal als Projektmitarbeitende (Bethel.regional) ihr Vorgehen in der Praxis sehr anschaulich.

Am Nachmittag stand die Darstellung der Ergebnisse aus der Evaluationsforschung im Vordergrund. Prof. Dr. Gudrun Dobslaw (FH Bielefeld) berichtete über ihren Auftrag, „dem Projekt auf die Finger“ zu schauen, ob und inwieweit der Anspruch der partizipativen Gestaltung gelungen ist. Sie erläuterte am Beispiel der Zusammenarbeit mit den “Krebsen” wichtige Aspekte, die für den „Weg der guten Zusammenarbeit“ herausgearbeitet werden konnten.

Erkenntnisse des Forschungsprojekts

Die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen der EvH, Carina Bössing, Annika Kühl, Katrin Schrooten und Eva Weißhaupt, stellten Auszüge aus der Projektevaluation vor. Sie erläuterten als Erkenntnis aus Interviews mit Mitarbeitenden und Menschen mit Behinderungen (die auch außerhalb von Bethel.regional geführt wurden) sowie anhand von Beobachtungssequenzen, wie stark der Alltag in den Einrichtungen oft durch (natürlich z.T. auch hilfreiche und wichtige) Routinen und enge zeitliche Ressourcen geprägt ist, sodass Wohnwünsche bei Menschen mit Komplexer Behinderung, die diese nicht direkt äußern, nicht zum Thema werden.

An Beispielen aus den Fallstudien wurde verdeutlicht, wie durch die im Projekt eingesetzten Methoden die beteiligten Personen mit ihren Kompetenzen, ihrer Individualität und ihren Wünschen in den Mittelpunkt rückten. Dabei war wichtig, Wohnen in seiner Bedeutungsvielfalt zu sehen, wie z.B. als Ort, an dem man sich emotional gebunden fühlt, der „Zuhause“ ist, an dem man entscheidet, wie und mit wem man leben möchte und der Ausdruck der Persönlichkeit ist, weil Leben und Wohnen sehr eng miteinander verbunden sind.

Wohnwunschäußerung – so eine zentrale Erkenntnis des Projektes – passiert nicht einfach, sondern ist gemeinsame Arbeit, ein „Gemeinsamer Herstellungsprozess“, für den es methodische Kompetenzen, Perspektivenvielfalt, Zeit, Aufmerksamkeit und (Selbst-)Reflexion braucht. Hierdurch können, das wurde ebenfalls deutlich, in vielen kleinen Schritten Wünsche herausgearbeitet und Wege zu mehr Selbstbestimmung eröffnet werden.
Teilhabe bedeutet – und das ist für Menschen mit Komplexer Behinderung in besonderer Weise bedeutsam –, aktiv in Entscheidungsprozesse eingebunden zu sein, die das eigene Leben und das Wohnen betreffen. Daher gilt es auch, diese vermeintlich „kleinen Schritte“ wertzuschätzen, sie als bedeutsam anzusehen und als eine der zentralen Aufgaben der Eingliederungshilfe zu begreifen.

Am Ende des Tages gaben Vertreter_innen aus den unterschiedlichen Beteiligungsgruppen Einblicke darüber, was sie aus dem Tag mit in ihren (Arbeits-)Alltag nehmen werden.

Originalmeldung:
https://www.evh-bochum.de/artikel/wahlmoeglichkeiten-sichern-abschlusstagung.html

Ansprechpartnerin:
EvH RWL
Mitarbeiterin Presseabteilung
Julia Gottschick
+49 (0)234 36901 123
gottschick@evh-bochum.de

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2021-02-12T15:52:46+01:0017.02.2020|Kategorien: Gesellschaft|Tags: |

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