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Technik für den Menschen

Technik für den Menschen2021-05-27T13:28:16+02:00

Digitale Lösungen in der sozialen Arbeit verankern

Digitale Lösungen in sozialer Arbeit

© Rawpixel.com | shutterstock

Unsere Arbeitswelten werden immer komplexer und das Arbeiten mit Hilfe digitaler Technologien immer beliebter. In fast allen Branchen setzen Unternehmen Computerprogramme, Online-Dienste, soziale Medien, Apps oder innovative Hightech-Lösungen ein, um ihre Geschäfte zu verwalten, Arbeitsschritte zu organisieren, Prozesse zu dokumentieren oder den Kontakt zu Kunden und Partnern zu pflegen. Das erfordert spezielles Know-how und Investitionen in zum Teil teure Ausstattung. Für Arbeitsfelder, in denen kein marktwirtschaftliches Interesse im Vordergrund und weniger Kapital zur Verfügung steht, ist das oft ein Problem – so zum Beispiel im Bereich der sozialen Arbeit.

Die TH Köln möchte hier Abhilfe schaffen und hat Anfang 2016 den neuen Forschungsschwerpunkt „DiTeS – Digitale Technologien und Soziale Dienste“ gegründet. Zwölf Professorinnen und Professoren aus Sozial-, Medien- und Wirtschaftswissenschaften, Ethik, Recht, Informatik und Design untersuchen gemeinsam, welche technischen Möglichkeiten es gibt und wie diese in der Jugendhilfe, der Altenpflege oder auch im Gesundheitsbereich von Nutzen sein können.

Software flexibel und günstig

Die Herausforderungen, die Prof. Dr. Udo Seelmeyer, Experte für soziale Arbeit und Leiter des Forschungsschwerpunktes, und seinen Kolleginnen und Kollegen dabei begegnen, sind ganz unterschiedlich: „Wenig Mittel für Investitionen, veraltete Software, aber auch Technikdistanz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gehören zu den Kernthemen, an denen wir ansetzen müssen“, sagt er. Zum Teil bedingen sich die Probleme gegenseitig. „Viele Einrichtungen arbeiten aufgrund mangelnder Ressourcen immer noch mit veralteten Dokumentationssystemen.“ Diese könnten die vielschichtigen Informationen, die ein Mitarbeiter im Jugendamt oder ein Streetworker heute aufzeichnen soll, gar nicht mehr abbilden, oder wenn, dann nur unter großem Zeitaufwand. Das führe schnell zu Frustration und Überlastung. Bei der Arbeit mit modernerer Software, die viel flexibler ist, brauche es wiederum Fachwissen, um sie den Arbeitsabläufen der Einrichtung entsprechend anzupassen.

Hierüber wollen die Kölner Forscherinnen und Forscher aufklären, konkrete Defizite ansprechen, Träger und Vereine sensibilisieren und dazu beitragen, neue Programme zu entwickeln. „Eine Dokumentationssoftware, die kompakt und flexibel einstellbar ist“, sagt Seelmeyer, „individuelle Reflexionen zulässt und möglichst zum freien Download im Internet zur Verfügung steht, würde den Verwaltungsaufwand verringern, die Qualität der Arbeit steigern und im besten Fall sogar auch mehr Zeit für die Arbeit mit den Klienten schaffen.“

Vielseitige Anwendung

Doch DiTeS will nicht nur auf die Technik selbst schauen. Auch die Fähigkeiten und Bedürfnisse der beteiligten Akteurinnen und Akteure stehen im Fokus. So befasst sich ein Teilprojekt beispielsweise mit der Entwicklung einer App gegen Schulversagen, die Jugendliche unterstützen soll: Auf spielerische Art können sie ihre Erfahrungen im Schulalltag in ihr Handy eingeben. Diese werden dann mit dem Betreuer ausgewertet und besprochen. Ein anderes Projekt, das die TH Köln in Zusammenarbeit mit der Josefs-Gesellschaft durchführt, untersucht digitale Möglichkeiten, Menschen mit Behinderung in ihren Werkstätten zu unterstützen. In einem weiteren Vorhaben entsteht ein Simulationsmodell, das Pflegeprozesse abbildet und ausrechnet, wie man bestimmte Handgriffe verbessern kann. „Ziel ist hier, die Pflegekraft zu entlasten und Kosten durch Krankheit aufgrund von Fehlbelastungen zu vermeiden“, so Seelmeyer.

Die Risiken kennen 

Mit diesem Fokus spricht DiTeS auch ein zentrales gesellschaftliches Problem an: den Fachkräftemangel in Zeiten sinkender Geburtenraten und leerer Rentenkassen. „Ohne technische Unterstützung werden die Kapazitäten unseres Gesundheits- und Sozialsystems langfristig überfordert sein“, sagt Seelmeyer. Innovationen und Dienste, die helfen könnten, das auszugleichen, gibt es viele – von Assistenzsystemen in der häuslichen Versorgung über den Einsatz von Pflegerobotern bis hin zur Sprechstunde via Skype. Ihre Tauglichkeit gilt es jedoch zu überprüfen, ihre Anwendung zu erklären und dabei auch auf Risiken hinzuweisen. „Facebook eignet sich für Streetworker beispielsweise sehr gut zur ersten Kontaktaufnahme mit den Straßenkids.“ Für die weitere Beratung dürften solche Kanäle jedoch keinesfalls genutzt werden, da sonst sensible Daten an die Anbieter dieser Dienste übermittelt werden. „Das muss man wissen.“

Es sind umfangreiche und komplexe Themen, die bei DiTeS im Forschungsportfolio stehen. Um sie zu lösen, wollen und können die beteiligten Fachbereiche nun einfacher interdisziplinär und fakultätsübergreifend zusammenarbeiten. Der Aufbau des Forschungsschwerpunkts wird durch das Programm FH STRUKTUR des Ministeriums für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes NRW sowie durch die TH Köln gefördert.

Kontakt
TH Köln
DiTeS
Prof. Dr. Udo Seelmeyer
+49 (0)221 8275 3593
udo.seelmeyer@th-koeln.de

Weitere Informationen
www.prosense.info
www.vitting.design.fh-aachen.de/forschung/

Text
Netzwerkbüro HN NRW | Eva Helm

 

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