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Digitalisierung in der Gesundheitsversorgung

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Prof.in Dr.in Anja Richert

Mensch-Maschine-Partnerschaften

Das Cologne Cobots Lab gestaltet soziotechnische Systeme im Sinne sozialer Innovation und forscht zur ganzheitlichen Zusammenarbeit von Mensch und technischem System. Der Fokus liegt hierbei auf dem optimalen Zusammenspiel zwischen den Fähigkeiten des Individuums und denen des technischen Systems.

Interview mit Prof.in Dr.in Anja Richert

In welcher Form findet kollaborative Robotik, die Zusammenarbeit von Mensch und KI, im Gesundheitsbereich bislang statt?
Kollaborative Robotik bezeichnet die gemeinsame Bearbeitung einer Aufgabe von Mensch und Roboter. Im Gesundheitsbereich kommt beispielsweise bereits heute der Roboter Pepper in Altenheimen insbesondere für Entertainment-Zwecke (Bsp. Memory spielen) oder für das Erfassen des Befindens von Bewohnern basierend auf einem Gespräch zum Einsatz. Im klinischen Kontext werden OP-Roboter eingesetzt, wobei diese noch mehr die Funktion eines Werkzeugs haben, welches vom Menschen bedient wird und weniger selbstständig Tätigkeiten ausführen. Zudem werden Roboter wie Pepper in Kliniken beispielsweise für die Durchführung von Narkosegesprächen eingesetzt. Künstliche Intelligenz wird stark in der bildgebenden Diagnostik verwendet (Bsp. Tumorerkennung im CT oder Erkennung von Hautkrebs).

Was können Maschinen in der Pflege leisten und wo sind dem Einsatz von Robotern dabei Grenzen gesetzt?
Maschinen können auf verschiedene Weisen in der Pflege zum Einsatz kommen. Es gibt beispielsweise Systeme, die älteren Menschen und Menschen mit Behinderung assistieren (assistive robots). Sie übernehmen Aufgaben wie Terminerinnerungen. Dann gibt es Roboter, die Tätigkeiten oder Körperfunktionen überwachen (monitoring robots) und Roboter, die als sozialer Kontakt dienen (robot companions) wie beispielsweise Pepper oder die Robbe Paro. Schließlich gibt es Roboter, die Pflege- und medizinisches Personal durch die Übernahme von Tätigkeiten wie das Erstellen von Trinkprotokollen oder das Desinfizieren von Flächen entlasten. Roboter können daher gezielt Aufgaben übernehmen, sind aber lange nicht so flexibel wie Pflegepersonal. Sie treffen zudem keine Entscheidungen, sondern nehmen eine unterstützende Rolle ein.

Sie arbeiten im Projekt MeRobot. Um was konkret geht es in dem Forschungsprojekt?
Das Projekt MeRobot erforscht die Mensch-Roboter-Interaktion in einem kollaborativen Montageszenario. Ziel ist die Realisierung eines Demonstrators zur adaptiven Mensch-Roboter-Kollaboration in hybriden Teams, d.h. Teams, die sich aus Menschen und Robotern zusammensetzten und gemeinsam eine Montageaufgabe erledigen. Der Mensch profitiert von diesem Setting, da das System über geeignete Sensorik den Zustand des Menschen (Aufmerksamkeit, Stress, Erkennung der Handlungsintention u.a., durch Eyetracking, Kameras, Herzfrequenzmesser) erkennt und der Roboter sein Verhalten dynamisch anpasst. Wir erhoffen uns dadurch eine situationsangemessene und bedarfsgerechte Unterstützung des Menschen, die Vermeidung kritischer Nutzerzustände, die Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit des Menschen und schließlich die Steigerung der Akzeptanz zur Zusammenarbeit in hybriden Teams.

PROM-Grafik vom Cologne Cobots Lab

Der soziale Aspekt spielt im Gesundheits- und Pflegebereich eine entscheidende Rolle. Inwiefern können Maschinen und Menschen überhaupt eine soziale Einheit bilden und wie hoch ist die Akzeptanz bei dem Leistungsempfänger?
Umfragen zeigen, dass die Akzeptanz für robotische Systeme in Deutschland noch relativ gering ist. In anderen Ländern, insbesondere in Japan, kommen robotische Systeme zunehmende zum Einsatz. Entscheidend für in Akzeptanz der Systeme in der Zukunft wird es sein, ob die Versorgung von pflegebedürftigen Personen durch Roboter entscheidend verbessert werden kann. Schon jetzt sind die zeitlichen Ressourcen von Pflegeperson stark beschränkt und eine Entlastung ist dringend erforderlich. Robotische Systeme können durch die Übernahme von Tätigkeiten wie das Erstellen von Trinkprotokollen oder den Transport von Wäschesäcken etc. diese Entlastung schaffen. Die Frage, ob Maschinen und Menschen eine soziale Einheit bilden können hängt stark von der Gestaltung des technischen Systems ab: Beispielsweise zeigt sich eine höhere Akzeptanz, wenn man ein physisches System (Bsp. Pepper oder Robbe Paro) einsetzt. Zudem kann die Verbesserung der Sprachfunktion, insbesondere das Ermöglichen von Multi-Turn-Dialogen, die Akzeptanz steigern. An solchen Ansätzen forschen wir, um mit robotischen Systemen die Bedürfnisse von pflegebedürftigen Personen zu erfüllen

Steckbrief

Prof.in Dr.in Anja Richert, TH Köln
  • Prof.in Dr.in Anja Richert, Professorin für Innovationsmanagement | TH Köln

  • E-Mail: anja.richert@th-koeln.de

  • Forschungsgebiete: Soziale Robotik, Digitale Lern- und Arbeitswelten, datengetriebene Innovationsprozesse

  • Was mich antreibt: Technik im Sinne sozialer Innovationen zu gestalten, die Menschen begeistert, einen wirklichen Benefit erzielt und in der Gesellschaft eine hohe Akzeptanz genießt.

Kurzvita

  • Seit 10/2020 Institutsdirektorin des Instituts für Produktentwicklung und Konstruktionstechnik an der Fakultät für Anlagen, Energie- und Maschinensysteme der TH Köln
  • Seit 04/2018 Professorin für Innovationsmanagement an der TH Köln
    • Leitung des Cologne Cobots Labs, Leitung des Cologne TrainING Centers
  • 2012-2018 Juniorprofessorin für Agiles Management, Fakultät für Maschinenwesen an der RWTH Aachen University
  • 2008 Promotion, Dr. phil. an der RWTH Aachen University
  • 2004 Magistra Artium, Kommunikationswissenschaft, Betriebspädagogik, Psychologie an der RWTH Aachen University
Cologne Cobots Lab Wall

3 Mythen zum Thema Roboter

Klar, ein Roboter ist kein Mensch. Manchmal kann dies aber auch ein Vorteil sein. Beispielsweise ist ein Roboter unendlich geduldig und wird nicht böse, wenn er etwas 50 Mal sagen muss. Manche Menschen fühlen sich dadurch weniger gestresst und verbessern so wieder ihre Kommunikationsfähigkeiten.

Als Entwickler*innen entscheiden wir, wie robotische Systeme gestaltet werden. Ein besonders wichtiges Ziel dabei ist, dass Roboter Menschen in ihrem Alltag unterstützten. Sie sollen daher die Menschen nicht kontrollieren sondern ihnen ganz im Gegenteil eine eigenständige Lebensweise ermöglichen.

Roboter werden Menschen in naher Zukunft nicht ersetzen können und dies ist auch nicht primäres Ziel der aktuellen Entwicklung robotischer Systeme für die Pflege. Um die Qualität in der Pflege trotz steigender Anzahl an pflegebedürftigen Personen aufrecht zu erhalten, ist eine Unterstützung von Pflegekräften durch robotische Systeme ein Lösungsweg an dem geforscht wird. Dadurch hat das Pflegepersonal mehr Zeit, sich um Belange zu kümmern, bei denen menschliche Fähigkeiten erforderlich und notwendig sind.

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2021-04-26T14:28:42+02:0011.01.2021|Kategorien: Digitalisierung in der Gesundheitsversorgung|

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